“Es muss weniger und nur noch nachhaltig produziert werden!”

Interview mit Tony Tonnaer, Gründer der Marke Kings of Indigo

Lesedauer: 7 Minuten.

Wer steckt hinter der Fair Trade Mode bei uns im Sortiment? Wir möchten Dir so viel wie möglich über unsere Marken erzählen – im Laden und hier im Magazin. Nur so kannst Du ein richtig gutes Gefühl bei Deinem Einkauf haben. Heute möchten wir Dir Tony vorstellen, der vor 10 Jahren die nachhaltige Marke Kings of Indigo gegründet hat. Für Dich haben wir exklusiv mit dem Niederländer über Nachhaltigkeit, Corona und Einzelhandel gesprochen.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für Dich persönlich und für Kings of Indigo?

Tony:Um ehrlich zu sein, bedeutet das Wort an sich für mich nicht mehr viel, weil der Großteil der Menschen seine Bedeutung verwässert und missbraucht. Seit unserem Start 2011 entwickelt Kings of Indigo Kleidung mit einem geringen Impact auf die Natur und fairen Preisen für Zuliefer:innen und Arbeiter:innen. Wir konzentrieren uns auf hochqualitative Produkte, die lange halten und einen klassischen Stil haben, sodass sie nie aus der Mode kommen.“ 

Was ist Dir an Eurer Produktion besonders wichtig?

Tony: „Mir ist am wichtigsten, dass wir einen ganzheitlichen 360° Ansatz haben und komplett transparent sind, was unsere Produktionsabläufe und -standorte angeht. In unserer Ganzheitlichkeit setzen wir auf fünf nachhaltige Säulen, die wir uns bei jedem einzelnen Produkt anschauen: 

  1. Die Nutzung von umweltfreundlichem Material: Wir setzen auf Biobaumwolle, recycelte Materialien, Leinen, Hanf, Tencel, etc. 
  2. Eine verantwortungsbewusste Produktion: Wir arbeiten mit der Fair Wear Foundation, um in unseren Fabriken sichere Arbeitsbedingungen und vernünftige Gehälter garantieren zu können. 
  3. Ein reduzierter Wasserverbrauch: Wir nutzen immer mehr recycelte Garne und achten beim Färben der Stoffe und beim Waschen der Kleidungsstücke auf einen niedrigen Wasserverbrauch und einen geringen Einsatz von Chemikalien. In den Wäschereien und Färbereien recyclen wir das Wasser. 
  4. Ein sauberer Transport: Wir versuchen, möglichst Europa nah zu produzieren und transportieren nur per LKW und Schiff. Seit 2020 nutzen wir die Initiative Goodshipping, um unseren kompletten Transport von den Produktionsstätten und zu unseren Kund:innen klimaneutral zu gestalten. 
  5. Weniger Abfall: Wir benutzen biologisch abbaubare Polybags für all unsere Kleidungsstücke. Schnitte, Papieretiketten, Labels und Metallknöpfe sind aus recycelten Materialien. Unsere Hemdknöpfe sind aus biologisch abbaubarer Steinnuss. Jedes Jahr veranstalten wir außerdem einen “Re-Use the Blues” Wettbewerb, um Konsument:innen dazu aufzufordern, alte Kleidungsstücke wieder zu benutzen, z.B. unsere B-Ware.“ 
Kings of Indigo setzt nicht nur auf Nachhaltigkeit, sondern auch auf Fairness

Wie lebt Kings of Indigo Nachhaltigkeit? Und Du persönlich?

Tony: „Neben unserer Produktionskette versuchen wir auch in unserem Büro und anderen Bereichen so nachhaltig wie möglich zu sein. Im Büro gibt es bei uns Lebensmittel aus kontrolliert biologischem Anbau. Unser Sales Team fährt mit einem Elektroauto zu den Terminen. Wie viele andere Unternehmen arbeiten wir gerade aufgrund von Corona von zu Hause aus – wir wollen dies aber beibehalten, um Ressourcen zu schonen. Wir versuchen, unsere Produktionsstätten in der Nähe Europas zu haben und unseren Transport zu kompensieren. Wenn wir selbst zu unseren Produktionsorten fliegen, gleichen wir auch hier unsere Emissionen aus. Im Büro vermeiden wir Plastik und das, was anfällt, wird natürlich recycelt. 

In meinem Privatleben versuche ich eine Balance zu finden: Mein Leben zu genießen und meinen ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Ich beziehe zu Hause Strom aus niederländischer Windkraft. Was meine Ernährung angeht bin ich kein Vegetarier, aber esse nur dreimal in der Woche zertifiziertes Bio-Fleisch. Wo auch immer es geht, kaufe ich Bio-Produkte ein. Ich trage Lederschuhe, aber nur solche höchster Qualität, damit ich sie mindestens für 10-15 Jahre tragen kann. Bei Kleidung setze ich fast ausschließlich auf Kings of Indigo, aber das versteht Ihr sicherlich…“

Coole Denim Styles von Kings of Indigo

Warum habt Ihr mit Kings of Indigo im Rahmen der Fair Wear Foundation eine Initiative zu Living Wages gestartet? Was für eine Rolle spielen Living Wages bei Euch?

Tony: „Wir gehen davon aus, dass ein hochqualitatives Produkt von Menschen gemacht werden sollte, die glücklich sind. Arbeiter:innen sind glücklicher, wenn sie ein vernünftiges Gehalt bekommen, um ihre Familie versorgen, unterzubringen und ihnen Bildung ermöglichen zu können. Der soziale Aspekt ist uns sehr wichtig – neben dem niedrigen Impact für den Planeten. Deshalb arbeiten wir schon lange mit der Fair Wear Foundation zusammen und sind Teil des Living Wage Incubators. Das Ziel ist, in allen unseren Fabriken Living Wages zu etablieren.

Wir finden es wichtig, den Reichtum in der westlichen Welt mit anderen Ländern zu teilen und den Menschen dort so auch ein annehmbares Leben möglich zu machen. Deshalb müssen wir Konsument:innen davon überzeugen, ein bisschen mehr für faire und langlebige Produkte auszugeben, damit am Ende alle glücklich sind: Die Konsument:innen, die Natur und die Menschen, welche sie hergestellt haben.“ 

Mehr zum Thema Living Wages kannst Du hier nachlesen.

Eure Marke war zu Beginn noch nicht vegan. Warum seid Ihr jetzt PETA zertifiziert? Ist Veganismus in Eurem Business in den letzten Jahren wichtiger geworden?

Tony: „Ich lebe persönlich nicht vegan und habe Leder vorher immer als Abfallprodukt der Fleischindustrie angesehen. Doch je mehr ich mit Einzelhändler:innen aus Deutschland sprach, desto mehr merkte ich, dass die Nachfrage nach veganer Kleidung zunahm. Wir bei Kings of Indigo haben uns das zu Herzen genommen und angefangen, vegane Alternativen für unsere Leder-Patches auf Jeans und für Gürtel zu suchen. Zu Beginn fanden wir keine zufriedenstellende Qualität und haben sie deshalb nicht auf allen Jeans verwendet. Die ersten Patches waren zu hart und sahen nach dem Waschen nicht mehr gut aus. Schnell fanden wir bessere Anbieter, die uns zufrieden stellten und seit Frühling 2020 nutzen wir vegane Patches für die gesamte Kollektion. Außerdem haben wir vegane Gürtel entwickelt. Im Winter gibt es bei uns noch einen geringen Anteil an Strickteilen, die aus recycelter Wolle sind.“ 

Wir finden es toll, wie transparent Ihr mit uns Einzelhändler:innen zusammenarbeit, vor allem jetzt in der Coronakrise. Welche Rolle spielt diese Beziehung für Euch?

Tony: Wir verkaufen 75% unserer Umsätze über den stationären Einzelhandel. Natürlich sehen wir, dass der Onlinehandel wächst, aber für uns ist es sehr wichtig, dass wir tolle, lokale Partner:innen haben, die den Kund:innen Schnitte, Nachhaltigkeitskriterien oder Kreislaufwirtschaft erklären können. Außerdem bieten sie auch eine reichhaltige Mischung an unterschiedlichen nachhaltigen Brands.

Wir glauben, dass Kund:innen auch in der globalen Wirtschaft immer persönlichen Service suchen werden. Deshalb seid Ihr so wichtig für uns. Wir möchten partnerschaftlich mit Euch zusammenarbeiten, um unsere Marke zu etablieren, aber auch, um insgesamt für den Verkauf von mehr nachhaltiger Mode auf dem Markt zu sorgen.“ 

Oftmals fließt auch japanischer Stil in die Looks mit ein

Was wünscht Du Dir für die Zeit “nach Corona”?

Tony: „Wir bei Kings of Indigo hoffen, dass mehr Menschen verstehen, wie sehr wir auf unsere Mitmenschen und den Planeten acht geben müssen. Wir müssen bewusster einkaufen, um weniger Impact zu haben und faire Preise ermöglichen zu können: Weniger und bessere Qualität kaufen, die eine lange Zeit hält. Das kann auch bedeuten, Second Hand zu kaufen oder alte Kleidung wieder zu benutzen. Am Ende muss weniger produziert werden und das, was produziert wird, muss nachhaltig produziert werden. Bring back the passion in fashion!“

Verrätst Du uns etwas über die Zukunft von Kings of Indigo?

Tony: „Wir haben gerade einen echten Meilenstein erreicht und die ersten Jeans aus komplett recycelter Baumwolle rausgebracht. Im kommenden Winter werden wir noch mehr dieser Modelle anbieten, darauf bin ich wirklich stolz. Wir versuchen natürlich den Anteil an recycelter Baumwolle in allen Jeans zu erhöhen. (Derzeit liegt er bei 20% bei den meisten, der Rest ist Biobaumwolle und recyceltes Polyester für den Stretch.)

Daneben arbeiten wir weiter an unserem biologisch abbaubarem Stretchmaterial; im Zuge dessen ist auch eine Jacken Kooperation mit Candiani entstanden.

Und: Wir arbeiten gerade daran, die Transparenz unserer fünf Säulen durch Blockchain Technologie nachverfolgbar zu machen. Durch die Software Re-Trace kann dann ein Kleidungsstück gescannt und die komplette Produktionskette nachvollzogen werden – vom Rohstoff bis zum Kleidungsstück. So können Konsument:innen genau nachschauen, was sie kaufen und wie es im Detail hergestellt wurde.“

Du hast noch mehr Fragen an Tony? Schreib uns einen Kommentar und wir forschen für Dich nach!

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