Mulesing – Was Dein Wollpulli mit Tierleid zu tun hat

Was spricht dagegen, einen kuscheligen Wollpulli zu tragen? Wolle ist doch ein „Abfallprodukt”, weil Schafe sowieso geschoren werden müssen und auch keine Schmerzen haben, wenn man es richtig macht.

Was erstmal logisch klingt, ist auf den zweiten Blick leider viel komplexer. Für viele Tiere ist das, was uns ein wohlig warmes Gefühl beschert, mit großen Qualen verbunden. Grund dafür ist vor allem das sogenannte Mulesing, was in Australien, dem weltweit größten Wollexporteur, immer noch gängige Praxis ist. Ist Wolle nun Tierquälerei? Ist diese Herstellung ein Grund dafür, komplett vegane Mode zu tragen?

Lesedauer: 9 Minuten

Definition: Was ist Mulesing?

Als Mulesing oder zu deutsch Mulesierung wird bei Schafen das betäubungslose Entfernen eines etwa handtellergroßen Hautlappens im Bereich des Schwanzes bezeichnet. Hiermit versucht man die afternahe Eierablage von der Schmeißfliegenart „Lucilia cuprina“ zu verhindern.

Du hast richtig gelesen: Mulesing bei Schafen bedeutet, dass Lämmern im Alter zwischen acht und zwölf Wochen mit einer speziellen Schere die Haut um den After herum entfernt wird. Häufig wird dabei auch der Schwanz mit abgenommen und männliche Lämmer kastriert. Die Wunden werden nicht weiter versorgt, was ein großes Risiko für Entzündungen und einen verlängerten Heilungsprozess darstellt. Die Prozedur endet für manche Lämmer sogar tödlich.

Warum diese furchtbare Tierquälerei?

Durch den Eingriff entsteht ein glattes Narbengewebe ohne Fell. Dies hindert die für die Fliegenmadenkrankheit verantwortliche Schmeißfliege daran, ihre Eier so Nahe am After abzulegen, dass die Schafe durch eindringende Maden von innen aufgefressen werden. Die Maden mögen es warm und feucht und haben es vor allem auf den Kot der Schafe abgesehen.

Besonderheiten beim Merinoschaf

Merinoschaf

Dass die Maden der Schmeißfliegen ein warmes und feuchtes Klima bevorzugen, stellt vor allem für Merinoschafe ein Problem dar. Denn diese Feinwollschafsrasse wurde für einen möglichst hohen Ertrag ihrer weichen, elastischen und kratzfreien Wolle so gezüchtet, dass sie besonders viele Hautfalten hat. Diese Hautfalten sind nicht nur prädestiniert für schmerzhafte Schnittverletzungen bei der Schur. Auch sammelt sich Dreck und Feuchtigkeit in ihnen –  abermals ein beliebter Ablageort für die Eier der Fliege. Die Maden fressen sich durch Haut und Unterhaut und verursachen schwere Infektionen. 

Deshalb werden Schafe regelmäßig durch giftige Insektizidbäder geführt. Dies ist nicht nur für die Schafe gefährlich, sondern stellt ebenso für unsere Umwelt und nicht zuletzt für den Träger der Wolle ein Risiko dar.

Faktencheck: Wo gibt es Mulesing? Wo ist Mulesing verboten?

Massentierhaltung von Merinoschafen in Australien.

Du wunderst Dich vielleicht, dass Du noch nie ein Schaf mit einem vernarbten Hinterteil gesehen hast. Gut möglich, denn heute findet diese grauenhafte Praxis vornehmlich in Australien Anwendung. In weiten Teilen der Welt ist Mulesing verboten oder es besteht schlichtweg kein Grund zur Bekämpfung, da die Fliege nicht vorkommt. Aber wenn nur Australien Mulesing anwendet, warum ist es dann überhaupt wichtig, auf Wolle zu verzichten?

  • Wie bereits erwähnt ist Australien der weltweit größte Merinowollexporteur. Etwa die Hälfte der dort lebenden 125 Millionen Schafe sind Merinoschafe, bei denen über 70 Prozent Mulesing erleiden mussten.
  • Aus Australien stammen satte 88% der weltweit produzierten Merinowolle, die fast ausschließlich im textilen Bereich verwendet wird.
  • Viele Schafe werden in Herden von über 10.000 Tieren gehalten. Durch diese wahnsinnige Massentierhaltung werden die Tiere nicht mehr als Individuen betrachtet und so sterben an den Folgen von Mulesing, Schnittverletzungen und nicht artgerechter Haltung jedes Jahr abertausende Tiere.

Welche Mulesing Alternativen gibt es?

Die Mulesing freie Haltung ist möglich und wird auch in Ländern angewendet, in denen die hartnäckige Schmeißfliegen Art „Lucilia cuprina” stark vertreten ist, wie z.B. Südafrika oder Neuseeland. Aber wie schaffen es die Farmer:innen dort, auf Mulesing zu verzichten? Hier einige Alternativen zur Bekämpfung der Fliege:

  • Präventives und regelmäßiges Entwurmen der Schafe
  • Betroffene Stellen wie z.B. das Hinterteil der Schafe häufiger scheren, sodass sich kein Kot und Urin festsetzt. 
  • Speziell beim Merinoschaf sehen viele Tierschützer vor allem die Rückzüchtung der vielen Hautfalten sowie der starken Bewollung als Lösung. Das würde auch die Gefahr von Schnittverletzungen bei der Schur verringern.
  • Biologische Bekämpfung der Schmeißfliege
  • Gezielter und richtiger Einsatz von Insektiziden
Alternativen zum Mulesing sind möglich

Was ist Mulesing freie Wolle?

Mulesing freie Wolle ist Wolle, bei der Du sicher sein kannst, dass Mulesing keine Anwendung gefunden hat. Sie ist in den meisten Geschäften schwer zu finden, da die Kleidung selten Informationen über die Herkunft des Materiales verrät. Die textile Lieferkette ist sehr komplex und ein „made in” bedeutet nicht gleich, dass auch die Wolle aus dem selbigem Land stammt. Es gibt nur wenige Siegel, die Mulesing freie Wolle garantieren. Hier bieten entweder lokale Produkte oder Siegel, wie der GOTS, IVN Best oder die kbT-Zertifizierung orientierung. Sie garantieren eine artgerechte Tierhaltung und verbieten Mulesing.

Welche Wollalternativen gibt es?

Wir von Loveco wissen, dass Wolle einzigartige Materialeigenschaften mit sich bringt, welche für viele den Verzicht nicht gerade leicht macht. Trotzdem sind wir davon überzeugt, dass kein Tier für Mode leiden sollte und Du ganz klar auch ohne Wolle glücklich sein kannst! Es gibt tolle Materialien, welche Dich kuschelig, warm durch den Winter bringen oder im Sommer eine kühlende Wirkung haben. Deswegen sage nein zu Tierleid und verlasse Dich z.B. auf Pflanzenfasern.

„Bei Wolle hören wir natürlich immer wieder: Aber dafür stirbt ja das Tier nicht. Stimmt! Im besten Fall nicht! Trotzdem setzen wir das Schaf, die Ziege, das Kaninchen etc. unter wahnsinnigen Stress. Es erleidet nicht selten Verletzungen oder wird brutal gefesselt, um es zu scheren oder kämmen zu können. Und nein, ein nicht gezüchtetes Schaf hätte genau so viel Wolle, damit es den Sommer gut überstehen würde. Ohne Scheren. Das hat die Natur schon ganz klug eingerichtet! Wie so vieles.“

Christina Wille, Geschäftsführerin Loveco

Im Winter: Strick und Sweat aus Biobaumwolle

Für die kalten Tage im Winter empfehlen wir Dir vor allem auf kuscheligen Sweat und Strickwaren aus Biobaumwolle zurückzugreifen. Auf der Innenseite von vielen unserer Sweatwaren findest Du eine flauschige Schicht aufgerauter Baumwolle. Sie hindert die Körperwärme daran aus dem Pulli zu entweichen und hält Dich schön warm. Ebenso geeignet für kalte Tage ist ein toller, dicker Strickpulli. Sie stehen auch im vielseitigen Look einem Wollpulli in Nichts nach. Auch das sogenannte Layering („Schichten”) ist eine gute Möglichkeit den Körper warm zu halten. Hier kannst Du beim Schichten gleich mehrere Deiner Lieblingsteile auf einmal tragen und kannst sie ausziehen, wenn es Dir doch zu warm wird.

Unter unseren Fairtrade Pullovern findest Du beide Arten; auch unsere Fairtrade Schals und Bio Beanies sind zu 100% aus pflanzlichen Fasern.

Weitere Kleidungsstücke, bei denen Du im Winter auf Tierschutz achten kannst, sind vegane Schuhe ohne Leder und vegane Jacken ohne Daunen.

Strickpullover aus Bio-Baumwolle als Alternative zum Wollpullover

Beim Sport: Antibakterielle Holzzellulosefasern

Wenn Du Dich lieber sportlich betätigen willst und bisher zum Merino Funktionsshirt gegriffen hast, versuche es doch mal mit Lyocell. Diese tolle Cellulosefaser gibt Feuchtigkeit an die Umgebung ab und wirkt antibakteriell. Genau das Richtige, wenn Du aktiv bist!

Unser Fazit: Wolle, ja oder nein?

Viele Millionen Tiere leiden immer noch durch die Wollindustrie. Ob Mulesing oder Massentierhaltung. Es gibt viele Argumente, die gegen das Tragen von Wolle sprechen. Es geht auch ohne! Hier haben wir Dir alle Argumente noch einmal zusammengefasst:

  • Mulesing ist grausame, blutige Tierquälerei und findet immer noch Anwendung.
  • Die Wolle in Deiner Kleidung hat meistens einen langen Transportweg hinter sich und schadet durch die anfallenden Emissionen dem Klima.
  • Wolle ist kein klassisches Abfallprodukt. Schafe wurden erst von uns Menschen so gezüchtet, dass sie ihr Wollkleid nicht eigenständig verlieren.
  • Du unterstützt durch den Kauf von Wolle Massentierhaltung
  • Durch Parasitbäder der Schafe gefährdest Du Dich und die Umwelt.
  • Es gibt Alternativen, die Dich ebenso schön wärmen.

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Quellen

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