Warum habt Ihr so Angst vorm Scheitern?

Geschrieben von Vreni.

Nicht jedes nachhaltige Business funktioniert. Ist das schlimm? Wenn Ihr mich fragt, überhaupt nicht. Wichtig ist nur, wie man damit umgeht. Ein Plädoyer für’s schönere Scheitern in der eco-fairen Szene.

Wenn Ideologie und Business zusammenfallen

Man könnte sagen, dass ich mittlerweile tief im Nachhaltigkeits-Fair-Fashion-Kosmos stecke. Ob bei LOVECO, als Bloggerin oder bei den Fashion Changers. Eigentlich lerne ich jede Woche neue Menschen und ihre Konzepte für eine bessere Welt kennen. Das ist ziemlich schön, weil wir alle was gemeinsam haben und eben nicht nur Business machen, sondern auch starke Werte vertreten.

Eine Sache fällt mir aber immer wieder auf, vor allem seit ich auch selbständig bin. (Ich arbeite Teilzeit bei LOVECO und verfolge in der restlichen Zeit noch andere, eigene Projekte). Wenn ich auf Events oder bei Podiumsdiskussionen Leuten aus der Szene zuhöre, läuft es bei allen 1A. Super Konzept, Businessplan geht total auf, haben alle ihre Zielgruppe gefunden. Und wisst Ihr was? Ich kann’s nicht mehr hören!

Wieso? Weil’s nicht stimmt! Ich weiß aus so vielen Gesprächen unter vier Augen, wie viele in der Szene struggeln, wie schwierig es ist, ein Businessmodell zu finden, dass idealistisch ist, aber gleichzeitig eben auch wirtschaftlich funktioniert.

Versteht mich nicht falsch, ich freue mich natürlich für jedes Konzept, das funktioniert, fiebere regelmäßig bei Crowdfundings mit und bin jedes Mal wieder sehr glücklich darüber, dass ich hier Teil eines Unternehmens sein kann, das auf gesunde Art wächst. Wir sollten aber auch unbedingt über all die Dinge reden, die schlecht laufen. Nein, wir müssen sogar! Wie sollen sich denn sonst andere potenzielle tolle Unternehmen entwickeln können?

Statement für nachhaltige Businesses auf Schild mit kleiner Topfpflanze

Hört doch mal auf, Euch in die eigene Tasche zu lügen!

Scheitern ist nicht so sexy, schon klar. Aber könnt Ihr alle mal aufhören, Euch so in die Tasche zu lügen? Klar mag die Presse lieber die Erfolgsgeschichte vom innovativen Start-Up mit den starken Werten. Aber mal ehrlich: Was bringt das, wenn hintendran eigentlich nur rote Zahlen stehen und die Insolvenz bevorsteht?

Sollte das Start-Up dann nicht ein sehr selbstbewusstes Interview geben und sagen: „Leute, es ist scheiße gelaufen. Wir haben es versucht, es hat nicht funktioniert. Wir haben diese und jene Fehler gemacht. Bitte macht nicht die Gleichen. Lernt von uns.“ In einer Branche, in der die meisten aus tiefster Überzeugung arbeiten, fällt das natürlich doppelt schwer. Und trotzdem ist es so wichtig. Wir brauchen auch im eco-fairen Bereich eine Kultur des Scheiterns!

Ehrlichkeit = riesige Chancen

Wurdest Du schon mal in einem Gespräch gepempert („Alles super, alles schön“) und hast daraus so richtig was für Dein eigenes Business gelernt? Ich auch nicht. Es sind die unbequemen Gespräche und die ehrlichen Antworten, die einen weiterbringen.

Ich hab dieses Jahr neben meinem LOVECO Job zwei GbRs gegründet und eine auch schon direkt wieder eingestampft. Businessmäßig ein totaler Fail. Aber gleichzeitig eben auch lehrreich. Wieso sollte ich das für mich behalten und so tun, als wäre das super gelaufen?

Immer wenn mich jemand danach fragt (es ging um Journaling & Workshops) sage ich: „Wir hatten uns das ganz anders überlegt, die Kunden waren nicht da. Falls Du sowas machen willst, überleg Dir ein schlaueres Modell als wir.“

In anderen Business-Kontexten ist diese Mentalität gefühlt viel verbreiteter: Ausprobieren, scheitern, ausprobieren, besser scheitern. Und irgendwann wird es dann was. Weil jedes Mal Scheitern eben eine richtig gute Schule ist.

Schreibtisch mit Statement Poster als Hilfe für nachhaltige Businesses

Nicht über sein Scheitern zu reden, ist egoistisch

Wer nicht über sein Scheitern redet, ist egoistisch. Steile These? Vielleicht. Aber mal ganz im Ernst: Mit jedem Mal, mit dem man seine Fehler, Fehltritte oder auch nur unvorhergesehenen Businessprobleme nicht mit anderen teilt, nimmt man allen anderen die Chance, daraus zu lernen.

Und das ist doch eigentlich das, was wir in der eco-fairen Szene wollen, oder? Lernen, wachsen, besser werden. Gute Businesses starten, die nicht nur nachhaltige Produkte hervorbringen, sondern auch nachhaltig funktionieren. Am I right?

Bei LOVECO versuchen wir übrigens ganz ehrlich auch über unsere Herausforderungen zu schreiben, zum Beispiel, dass eine Entscheidung für einen dritten Store nicht so leicht fällt, wie es vielleicht zuerst wirkt und natürlich auch finanzielle Belastung dahinter steckt: „Wir eröffnen einen neuen Laden: Ein Blick hinter die Kulissen“.

Auch nachdem wir den Online Shop gelauncht hatten, war es nicht so leicht. Zu Beginn kam er trotz zeitintensiver Aktionen nicht in die Gänge. Moritz und Christina haben ernsthaft darüber nachgedacht, ihn doch wieder einzustampfen. Es gab dann eine klare Deadline, bis wann es besser laufen muss. Zum Glück wurde es dann tatsächlich besser – nach vielen Marketingaktionen und Änderungen auf der Seite.

Wie ist es bei Euch? Wie geht Ihr persönlich mit dem Scheitern um? Und wie nehmt Ihr das Scheitern von Organistationen, Firmen, etc. wahr?

Interessante Links:

„Lasst euch nichts erzählen: Scheitern ist scheiße“

„Die Kunst des Scheiterns“

Fuck Up Nights

2 Comments

  1. Daniel 14. Februar 2019 at 23:23

    Respekt zu soviel Ehrlichkeit. Ich stehe gerade vor dem Gedanken meinen eigenen Shop zu öffnen und Ihr seid -ohne scheiß- eine sehr ehrliche, transparente und wertvolle Inspirationsquelle. Ich weiß wie mühsehlig es ist, sowas aufzuschreiben und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, aber mindestens mir helft Ihr damit. Danke!

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    1. Vreni 19. Februar 2019 at 10:35

      Lieber Daniel,

      danke für deinen Kommentar, das freut uns sehr!

      Ganz liebe Grüße und viel Erfolg!
      Vreni von LOVECO

      Reply

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