Circular Fashion: Zieht die Mode der Zukunft Kreise?

Lesedauer: 5 Minuten

Es gibt mittlerweile viele Modemarken, die nachhaltig und fair produzieren. Trotzdem stecken immer noch viele Ressourcen in dem Stück Stoff, den wir auf unserer Haut tragen. Wir fragen uns: Wie kann man aus diesen Ressourcen das meiste herausholen? Wie kann man Kleidung möglichst lange nutzen? Wie kann Mode in einem Kreislauf bleiben?

Was bedeutet Kreislauffähigkeit?

Im Grunde geht es bei kreislauffähiger Mode darum, keinen Abfall zu produzieren. Alle Materialien eines Produktes müssen wiederverwertet oder biologisch abgebaut werden können. 

In der Fast Fashion ist das in der Regel nicht der Fall: Kleidung wird hergestellt und nach dem Tragen von den Konsument:innen entsorgt (Cradle-to-Grave = „von der Wiege ins Grab“).

Kreislauffähigkeit bedeutet im Gegensatz dazu, dass alle Fasern zerlegt und wieder neu für Stoff versponnen werden können. So können die Ressourcen effizienter genutzt werden, die zuvor aufgewendet wurden. Es entsteht ein Kreislauf; Materialien werden aus der Wiege in die Wiege gegeben, weil aus ihnen Neues entstehen kann (Cradle-to-Cradle). Nicht der einmalige Nutzen steht im Mittelpunkt, sondern auch, was im Anschluss mit einem Produkt passiert. Kann es abgebaut werden? Kann es wiederverwertet werden? Gibt es Möglichkeiten der Rücknahme wie Leasing oder Pfand?

Diese Ideen sind nichts Neues: Schaut man in die Natur, laufen dort alle Prozesse so ab. In biologischen Kreisläufen wird kein Abfall zurückgelassen und die Menschheit täte gut daran, sich davon etwas abzuschauen. Außerdem sollte nicht nur in der Modewelt in Kreisläufen gedacht werden; das kann natürlich auch auf viele andere Produkte übertragen werden. 

Dazu kann jede:r etwas beitragen. Wir alle haben verschiedene Hebel, um Kleidung in einem Kreislauf zu halten. 

Wie können Modemarken kreislauffähig arbeiten?

Aus unserem Sortiment wollen wir Dir zwei Beispiele für großes Engagement im Bereich Kreislauffähigkeit vorstellen. 

Nudie Jeans

Nudie bietet für seine Jeans kostenlose Reparaturen an

Jeans eignen sich gut für kreislauffähige Mode: Sie halten oft lang, können relativ leicht repariert werden und sind im besten Fall auch aus reinen Baumwollfasern. 

Schon seit Gründung der Marke bietet Nudie Jeans kostenlose Reparaturen an. Die Marke nimmt außerdem Hosen zurück, die Kund:innen nicht mehr tragen möchten und verkauft sie entweder nach Ausbesserungen erneut oder produziert etwas Anderes aus dem Material, z.B. Socken. Mehr Infos findest Du in unserem Interview mit der Marke.

Für uns bedeutet Kreislauffähigkeit, für das Produkt, das wir verkaufen, auch verantwortlich zu sein. Nur weil die Jeans reißt, bedeutet es nicht, dass diese weniger wert ist. Michel Haddad, Nudie Jeans

bleed clothing

bleed nimmt alte Jacken zurück in den Kreislauf

Outdoorkleidung ist oft aus Polyesterfasern, deren Abbau besonders lange dauert. Auch hier ist Kreislauffähigkeit sehr sinnvoll. 

Als Outdoormarke setzt bleed clothing darauf, sortenreine Fasern zu verwenden, sie sich leicht auseinandernehmen und weiterverarbeiten lassen. Hierzu bietet das Label im Rahmen des wear2wear Projekts von Sympatex ein Rücknahmesystem für Jacken an. 

Wir haben zwar jetzt die Möglichkeit eines Kreislaufs, aber noch nicht genug Rückläufer, um diese Möglichkeit auch industriell zu nutzen. Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie wäre besser möglich, wenn sich die Szene mehr zusammenschließt: Es braucht Rückholsysteme, die jede:r aus der Branche nutzen kann. Michael Spitzbarth, bleed

Was können Modeshops wie wir für geschlossene Kreisläufe tun?

Auch wenn wir als Einzelhändler nichts selbst produzieren, können auch wir unseren Teil zu kreislauffähiger Mode beitragen. Für uns bedeutet das:

  • In engem Kontakt mit unseren Marken und Kund:innen bieten wir Reparaturen an. 
  • Kleidung, die wir nicht mehr verkaufen können, verteilen wir in unserem Team.
  • Wir bringen Kleidung, die bei uns nicht mehr verkauft werden kann, zu wohltätigen Organisationen, wenn sie gerade vor Ort gebraucht werden kann. 
  • In regelmäßigen Abständen veranstalten wir Sales und Super Sales.

Es gibt auch Shops, die sich vollends darauf spezialisieren, beschädigte oder fehlerhafte Ware zu verkaufen, wie z.B. Mit Ecken und Kanten. 

Wie sorgst Du als Konsument:in für mehr kreislauffähige Mode?

Nähen und Reparieren geben Deiner Kleidung ein langes Leben

Auch Du als Konsument:in hast die Möglichkeit, Kleidung möglichst lang im Kreislauf zu halten: 

  • Wenn Du einkaufst, achte darauf, ob Marken Rücknahmesysteme für gebrauchte Kleidung anbieten und nutze sie, falls Du die Kleidung nicht mehr trägst. 
  • Achte auf die Materialzusammensetzung beim Kleidungskauf: Je weniger Fasern in einem Kleidungsstück gemischt werden, desto leichter kann man sie nach dem Tragen auseinandernehmen und weiternutzen. 
  • Schau nach, ob Du Dein gewünschtes Kleidungsstück vielleicht sogar schon aus recycelten Materialien kaufen kannst. 
  • Repariere, upcycle oder tausche gebrauchte Kleidung. 

Warum brauchen wir kreislauffähige Mode?

Jetzt nochmal ganz konkret: Warum Kreisläufe?

Wir schreiben häufig darüber, aber man kann es nicht oft genug sagen: Die Fast Fashion sorgt mit zu vielen Kollektionen und schnelllebigen Trends dafür, dass wir viel zu viele Kleidungsstücke haben. Außerdem setzt sie oft auf Mischfasern aus vielen unterschiedlichen Stoffen, um die Produktion günstig zu halten. Das hat zur Folge, dass laut der Ellen MacArthur Stiftung aktuell nur 1% des Materials in der Bekleidungsindustrie recycelt wird. Die Modewelt muss lernen, Ressourcen besser zu nutzen – schließlich sind sie ja nicht unbegrenzt verfügbar. 

Kreislauffähige Mode hat großes Potenzial für einen positiven Impact: Nach einer Kearney Studie können zirkuläre Modelle die Lebensspanne eines Kleidungsstücks um 80% erhöhen und die CO2-Emissionen von Kleidung bis 2030 halbieren.

Warum ist die Modewelt noch nicht kreislauffähig?

Wenn Kreislauffähigkeit so einen guten Impact in der Welt haben könnte, warum ist die Mode denn noch nicht weiter in Sachen Kreisläufe? 

Das hängt vor allem mit dem System Mode zusammen: Rücknahme-Initiativen und Recyclinganlagen funktionieren am besten, wenn sie von vielen Unternehmen gemeinsam betrieben und genutzt werden. Alle müssen an einem Strang ziehen – oder in einem Kreislauf arbeiten: Textilunternehmen, Hersteller:innen, Recycler:innen und die Politik. Denn auch staatliche Anreize und Subventionen für Unternehmen könnten helfen. Genau das hat auch Jana Braumüller von den Fashion Changers bei ihren Recherchen zu unserer Reportage immer mehr gemerkt: „Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, die Kreislauffähigkeit fördern und implementieren.“

Weitere Gründe, die kreislauffähige Mode erschweren:

  • Hersteller:innen müssen vermehrt sortenreine Materialien verwenden. 
  • Produkte zu zerstören darf ganz klar nicht mehr günstiger sein als sie zu recyceln oder zu reparieren. 
  • Es muss ein Umdenken beim Thema Altkleider stattfinden: Viele Altkleider werden nicht recycelt, sondern in andere Länder verkauft. Deshalb haben sie sich allerdings nicht in Luft aufgelöst: Das Problem wird nur verlagert und an ein anderes, oftmals wirtschaftlich schwaches Land abgegeben. 
  • Unternehmen dürfen Kleidung nicht nur zum Greenwashing zurücknehmen: Sie müssen garantieren, dass sie die Fasern wirklich recyclen und in alle Bereiche ihrer Produktion ein Kreislaufdenken integrieren. 

Selbst wenn Kreislauffähigkeit irgendwann mal in der Fast Fashion angekommen ist: Das bedeutet nicht, dass es plötzlich in Ordnung ist, Mensch und Tier auszubeuten. Ein Rücknahmesystem gleicht das nicht aus. Jana Hack vom Think Tank adelphi sagt in unserem Interview ganz klar: „Auch wenn Kreisläufe geschlossen sind, fallen die sozialen Faktoren der Fast-Fashion-Industrie nicht weg.“ 

Du möchtest noch mehr zu kreislauffähiger Mode erfahren? Schau Dir unsere gemeinsame Reportage mit den Fashion Changers auf Instagram an!

Quellen

Siegelklarheit “Cradle to Cradle
Eco Design Kit “Kreislauffähige Materialien für Textilien
Enorm Magazin “Was ist Cradle to Cradle?

Fotos: Givn, Nudie Jeans, bleed Clothing, Unsplash

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