„Die GOTS Zertifizierung benötigt finanzielle und personelle Kapazitäten!“

Interview mit Veronika Scheffold von JAN ’N JUNE

Lesedauer: 7 Minuten.

In unserer Reihe Good Brands stellen wir Dir immer wieder unsere fairen Modemarken vor und verraten Dir spannende Insights. Heute geht es um JAN ’N JUNE, eines unserer Lieblingslabels, was uns schon seit der Gründung von Loveco begleitet.

Das Hamburger Modelabel JAN ’N JUNE ist seit der Gründung 2014 stark gewachsen und seit Juni 2021 sogar GOTS zertifiziert. Ein Grund mehr, um einmal hinter die Kulissen zu schauen. Veronika von JAN ’N JUNE erzählt uns, was das junge Unternehmen bewegt, warum die GOTS Zertifizierung ein wichtiger Schritt war und wo die Zukunft von Fair Fashion hingeht.

Seit wann gibt es JAN ’N JUNE und was macht Euch aus?

„JAN ’N JUNE wurde 2014 von Anna und Jula gegründet. Ausschlaggebend dafür war der persönliche Bedarf an nachhaltiger Mode, die gleichzeitig stylisch und bezahlbar ist.
Das Sortiment ist ein Mix aus minimalistischen, zeitlosen Styles, die gleichzeitig trendbewusst sind und Spaß machen sollen.“

Welche Rolle nimmt Nachhaltigkeit in Eurer Unternehmensphilosophie ein?

„Nachhaltigkeit war und ist das Fundament von JAN ’N JUNE.
Somit verankern wir Nachhaltigkeit ganzheitlich in allen Bereichen und sie ist Bestandteil von jedem Entscheidungsprozess. Wir übernehmen Verantwortung für Mensch und Umwelt und fokussieren uns auf eine faire Produktion, nachhaltige und ressourcenschonende Materialien sowie eine ganzheitliche Transparenz entlang unserer Wertschöpfungskette.

In Zukunft wollen wir uns noch intensiver mit dem gesamten Lebenszyklus unserer Produkte beschäftigen und unseren Fokus auf Zirkularität und Recycling setzen. Durch neue Innovationen und nachhaltige Praktiken entstehen neue Wege und Möglichkeiten, noch nachhaltiger handeln zu können. Diesen Prozess gehen wir als Unternehmen mit und haben den Anspruch, uns stetig zu verbessern.“

Ihr seid schon seit unserem Beginn 2014 bei uns im Sortiment. Was hat sich seitdem bei Euch verändert?

JAN 'N JUNE Interview: Stylisch und nachhaltig

Im Prinzip: Alles! Wir haben schon einen langen Weg mit einigen Höhen und Tiefen hinter uns, der noch lang nicht zu Ende ist.

JAN ’N JUNE hat sich von einem 2-Frauen Betrieb zu einem 17-köpfigen Team entwickelt, wir sind von dem Büro im Elternhaus unserer Co-Founderin Anna zu einem Office in die Hamburger Speicherstadt umgezogen. Dadurch haben wir zwar keine Office Cat mehr, aber zwei wundervolle Office Dogs!

Das Sortiment hat sich erweitert, wir haben eine Männerkollektion gelauncht und produzieren mittlerweile an sechs Standorten in Portugal und Polen.

Durch die Entwicklung und auch ein paar Fehler haben wir viel dazu gelernt und das Know-How hat sich in allen Bereichen vergrößert. JAN ’N JUNE hat sich zu einer der nachhaltigen Marken in der Modeindustrie entwickelt, worauf das gesamte Team sehr stolz sein kann.“

Wieso seid Ihr erst seit dem Jahr 2021 GOTS zertifiziert?

„Die GOTS Zertifizierung ist ein längerer Prozess, der finanzielle und personelle Kapazitäten benötigt, die wir vorher einfach nicht hatten.“

Wieso habt Ihr Euch für das GOTS Siegel entschieden?

„GOTS ist ein weltweit anerkanntes Siegel für die Herstellung und Verarbeitung von Textilien. Uns ist es wichtig, dass nicht nur ökologische sondern auch soziale Aspekte berücksichtigt werden.

Außerdem ist die Zertifizierung ganzheitlich, das bedeutet, dass der komplette Lebenszyklus eines Produkts, von der Garnherstellung über Veredlungsprozesse und Konfektion auch bis hin zur Logistik GOTS konform ist.“

Mehr zum GOTS Siegel und seinen Richtlinien kannst Du hier nachlesen.

Welche Herausforderungen galt es beim Zertifizierungsprozess zu überwinden?

„JAN ’N JUNE als soziales und nachhaltiges Unternehmen hat von Beginn an die Voraussetzungen für die Zertifizierung größtenteils erfüllt. Die Umsetzung war aber zeitlich sehr anspruchsvoll und sozusagen die größte Hürde (Bereitstellung aller relevanten Dokumente, Vorbereitung Audit, usw.).“

GOTS-zertifizierte Produkte werden weiterhin für wenig Geld angeboten, das suggeriert den Endkonsument:innen, dass nachhaltige Mode auch sehr günstig geht. Dass hier riesige Skaleneffekte, Quersubventionierung und vieles mehr dahinterstecken, wissen die meisten Kund:innen nicht.

Veronika Scheffold

Wie steht Ihr dazu, dass es GOTS zertifizierte Produkte auch z.B. bei Aldi gibt?

„Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und faires Handeln in der Textilbranche hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Auch konventionelle Hersteller springen auf den Zug mit auf. Dieser Wandel ist ausschlaggebend für die Transformation der Textilindustrie hin zu einer umweltbewussten und ressourcenschonenden Branche. Nur gemeinsam können wir Großes bewirken – deswegen ist es wichtig, dass auch Hersteller wie Aldi auf nachhaltige Materialien und anerkannte Zertifikate setzen.

Was daran problematisch ist? Trotz Zertifizierung hat sich der Preisrahmen gar nicht oder nur minimal geändert. GOTS-zertifizierte Produkte werden weiterhin für wenig Geld angeboten, das suggeriert den Endkonsument:innen, dass nachhaltige Mode auch sehr günstig geht. Dass hier riesige Skaleneffekte, Quersubventionierung und vieles mehr dahinterstecken, wissen die meisten Kund:innen nicht.

Trotzdem: Jedes Produkt, dass fair und nachhaltig produziert wurde, ist besser als ein ‚konventionelles‘ Produkt.“

JAN ’N JUNE

Longsleeve Penela Weiß

65 €

Welche Vorteile ergeben sich durch die Zertifizierung?

„Durch die Zertifizierung können wir unsere Produkte als GOTS konformes Produkt kennzeichnen und stärken somit das Vertrauen in uns. Für uns sind also die externen Faktoren ausschlaggebend.“

Wir haben festgestellt, dass nicht Eure gesamte Kollektion GOTS zertifiziert ist. Warum ist das so? Auf welche anderen Standards verlasst Ihr Euch?

„Zum Einen ist es dadurch beeinflusst, dass nur Produkte mit einem organischen Anteil von mindestens 70% GOTS zertifiziert werden können. Da wir neben Bio-Baumwolle oder Leinen auch Kleidung aus Tencel/Lyocell oder recyceltem Polyester anbieten, können diese schon im Vorhinein nicht GOTS zertifiziert werden. Bei diesen Materialien arbeiten wir ausschließlich mit zertifizierten Partnern zusammen, die beispielsweise GRS (Global Recycle Standard) zertifiziert sind.

Auch sind noch nicht alle Produktionen selbst, mit denen wir zusammenarbeiten, GOTS zertifiziert. Unser Ziel ist es, in Zukunft ausschließlich mit zertifizierten Produktionen zusammenzuarbeiten – der erste Schritt in diese Richtung ist die Zertifizierung einer unserer Produktionen in Polen. Das Audit hierfür hat vor ein paar Wochen stattgefunden und der Zertifizierungsprozess sollte bald beendet sein. Das bedeutet, wir können ab nächster Saison einige weitere GOTS Produkte anbieten.

Alle Produktionen, die momentan noch nicht zertifiziert sind, müssen einen Code of Conduct unterzeichnen, in dem soziale Aspekte abgedeckt werden.“

Welche Ziele habt Ihr für die Zukunft und wo seht Ihr die Zukunft der nachhaltigen Mode?

Wir würden uns gern in der Vorreiterrolle in nachhaltiger Mode sehen, die eine tatsächliche Alternative zur Fast Fashion bietet und aus der Nische rauskommt. Wir freuen uns auf die Implementierung von innovativen Materialien, Projekten und Technologien, den Fokus auf Zirkularität, End-of-Life und Recycling sowie weitere Zertifizierungen mit mehr Fokus auf sozialen Standards.

Die Zukunft der nachhaltigen Modebranche sieht vielversprechend aus, denn die Konsument:innen wollen gute, faire Produkte. Was sich die fairen Labels aber merken müssen, um von den „Großen“ nicht abgehängt zu werden: Nachhaltigkeit ist essentiell, aber sie wird nie das einzige Kaufargument sein.

Sind noch Fragen bei Dir offen geblieben? Lass uns einen Kommentar da und wir fragen für Dich nach!

Wir möchten Dir nicht nur alle Infos zu unseren Marken geben, sondern auch zu uns selbst als Unternehmen! Deshalb kannst Du bei uns viele Einblicke in unsere Finanzen erhalten. Viel Spaß beim Lesen!

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